Brachland

Die Metapher der "Blühenden Industrielandschaft" wurde oft gebraucht. Solingen war so ein Land, "wo die Schloten und Essen rauchten" und "die Hämmer sirrten". Industriewachstum, ungehemmtes, dreckiges, aber eben auch erwerb-, geld-, "brotbringendes" Wachstum, eine Eisen- und Stahlwaren-Monokultur wurden als gesund, deutsch und unverwüstlich gepriesen. Es wahr einmal. Die Realität sieht längst anders aus. In den letzten anderthalb Jahrzehnten hat sich ein nach dem anderen tradierter Betrieb "vom Acker geschlichen". Geschlossen, verkleinert. Konkurs, verkauft. Verlagert, verschmolzen. Nur wenige "Felsen in der Brandung" sind geblieben. Aus der Industrielandschaft ist längst eine Industriebrache geworden. Verdorrt, von einer neuen Infrastruktur überwachsen.

 

Februar 2004

"Zusammen mit der Olbo-Pleite gehen auf einen Schlag über 200 Industriearbeitsplätze verloren. Das ist für Solingen ein Desaster."

Kronprinz, zwischenzeitlich Mannesmann-Kronzprinz, dann Michelin-Kronprinz, dort, wo einst weit über 1.000 Personen Arbeit fanden, war ohnehin schon auf rund 300 Beschäftigte geschrumpft. Und schrumpft weiter ... Bis auf Null ?

Solinger Tageblatt

 

Mit solch selbstbewusster Werbung hatte es einst begonnen. Die unverwüstlichen Kronprinz-Räder, bis heute vor allem für Tuning-Freaks ein "must".

 

 

 

 

 

 

Februar 2004

Die Firma verkündet, das Ohligser Werk zu schließen und die Reste der Produktion nach Portugal zu verlagern. Für Ohligs geht damit einer der letzten großen Betriebe, die das Selbstbewusstsein des Stadtteils mitgeprägt haben, auch den Bach runter. Zurück bleiben verzweifelte Menschen, die sich im Rückblick als Spielball wirtschaftlichter Interessen sehen - egal, ob so etwas nun vorhersehbar, "normal" oder unumgänglich war und ist. Die Internetseite macht dagegen noch auf Heile Welt (siehe Originaltext rechts).

Ein Weltmarktführer, der sich heimlich vom Platz schleicht. Schöner Weltmarkt.

Screenshot der OLBO-Internet-Homepage  am 10.2.04

"Bereits vor 130 Jahren begann OLBO in Deutschland mit der Produktion von Industriegeweben. Anfangs wurden nur Baumwoll- und Leinengarne eingesetzt. Im Laufe der Zeit wurde das Programm erweitert auf die Produktion von Garnen und Geweben zur Verstärkung von Gummi. ... OLBO ist heute der Weltmarktführer im Bereich von Geweben für Fördergurte und schwere PVC-Gurte für den Einsatz im Untertage-Bergbau. Die Exporte liegen heute bei 80% des Umsatzes, Kapazität und Produktion liegen bei 13.000 Tonnen Gewebe pro Jahre für alle Firmen. Jedes Jahr werden Investitionen zur Modernisierung des Maschinenparks durchgeführt und so kann OLBO ihren Kunden den höchsten Qualitätsstandard garantieren."

 

1967 exakt 35 Jahre alt, ein Produkt von legendärem Ruf. An der Grenze von Solingen-Ohligs und Hilden ein riesiges Industrie-Areal, in dem unter anderem der Knirps (und das Dinett und viele andere Sachen) produziert werden.

Längst ist das Gelände anders verwendet, die Firma Bremshey ewig alte Vergangenheit, von der nichts mehr außer der Marke Knirps geblieben ist. Der Schirm wird weiter in Solingen produziert und vermarktet, denn schließlich ist der Markenname ein Klassiker und darf sich in den Club der Legenden einreihen, zu dem unter anderem Uhu, Tempo oder Leitz(-Ordner), Tipp-Ex oder Aspirin gehören.

 

Der Mann, der den Knirps rausbrachte: Fritz Bremshey (links), der sich von einem Arbeiter eine Maschine erklären lässt. 1928 hatte Fritz Bremshey den Bergassessor Robert Walser getroffen, der einen zusammenklappbaren, "Knirps"-kleinen Schirm erfunden hatte. 1932 kam der erste Damen-Taschenschirm unter diesem Markennamen für 12,50 Reichsmark in den Handel. 1965 kam der erste Automatik-Schirm heraus, und später konnte er sogar noch einmal zum Mini-Knirps verkleinert werden.

Infos: Caro Maurer, "General-Anzeiger", Bonn, 25.07.1998

 

Die Knirps-Internet-Site nennt  Hans Haupt als den Erfinder, der Bremshey vom Knirps überzeugen konnte.

Personenkult der späten 60er Jahre. An Peinlichkeit ist dieses Geburtstagsgedicht, 1967 veröffentlicht, kaum noch zu überbieten. Man muss es in seiner ganzen Schönheit genießen ...

 

 

 

 

 

 

Aus: "Die Knirps-Verkäuferin" III/67
Infozeitschrift der Treuhandstelle des Knirps-Konsortiums, Solingen-Ohligs
Druck: Droste Verlag und Druckerei, Düsseldorf