BBB - Verlage

Drucker - und mit ihnen die Reprografen, die Setzer, die Buchbinder - sind Handwerker. Sie tun, was man ihnen in Auftrag gibt. Und die Auftraggeber, die Finanziers, waren und sind die Verleger. Sie tragen das wirtschaftliche Risiko einer Publikation. Von ihrem Mut - und ihrem Geld plus ihrer Unabhängigkeit - hängt ab, was gedruckt wird. Und später dann, aber erst viel später, von den "Werbetreibenden", die verkaufsfördernde Publikationen ("Reklame") drucken ließen. Eben diese Reklame machten und machen Verleger für Ideen und Ideologien, für Informationen und Dokumentationen. Aus den Einzelpersonen als Verleger wurden Verlage in Form von normalen Handelshäusern, Kapitalgesellschaften, Firmen und nicht selten "Fabriken", die den Umgang mit den Autoren ebenso kultivierten wie mächtige und wirkungsvolle technische Produktionsstätten aufbauten. Etliche dieser Verlage haben Kultur-, Geistes-, Wirtschafts- und Politikgeschichte geschrieben, Lehre, Forschung, Bildung, Erziehung beeinflusst. Einige davon sind hier zu sehen.

 

Gleich drei berühmte Namen kommen bei dieser achten Auflage der "Mutter aller deutschen Wörterbücher" zusammen: der des Verfassers Konrad Duden, des Verlages und der Druckerei, des Bibliographischen Instituts in Leipzig.

 

1905
ca. 12 x 18 cm
440 Seiten
Leineneinband

In dieses Werk sind die Regeln des "Buchdrucker-Duden" mit aufgenommen unter Mitwirkung des Deutschen Buchdruckervereins, des Reichsverbandes Österreichischer Buchdruckereibesitzer und des Vereins Schweizerischer Buchdruckereibesitzer, unter Federführung des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, 1903


 
 

Der Duden mit Hinweisen auf andere berühmt gewordene Bücher, legendäre Ausgaben des Meyer Verlages - und alles zu "volkstümlichen Preisen".
 

 

 
 

Wenn man ein Lied der Klage anstimmen möchte, nein muss, dann darüber, worüber sich Konrad Duden im Vorwort mit Hochachtung äußert: der Leistung der Korrektoren in den Druckereien. Früher waren diese so selbstverständlich wie Priester während der Messe. Ohne Priester kein Gottesdienst, ohne Korrektor kein Buchdruck. Sie waren mehr als die Gralshüter der Korrektheit in Inhalt und Ausführung: sie waren die Garanten für eine kulturelle Leistung namens Rechtschreibung. Einer Einrichtung, die sich selbst der Lächerlichkeit preisgegeben (Preis gegeben ! hic !) hat. Indem sie tat, was sie einst verhindern sollte und die Korrektoren über Jahrhunderte mit Erfolg getan haben. Nämlich die Verschlimmbesserung der Sprache zu vermeiden. Heute wird sie verbalhornt (nicht: ball, mit zwei l). Balhorn war Anfang des 16. Jahrhunderts ein Buchdrucker, der es besonders gut machen wollte und eigenmächtig den Text der Autoren "verbesserte". Dabei jedoch baute er andere, neue Fehler ein oder korrigierte Richtiges auf falsch. Seit dem sind Drucker vorsichtig und schätzen den Duden über alles. Aber es gibt ja keine Setzer mehr. Nur noch Mediengestalter, Designer, PrePress-Operators und andere überwiegend Rechtschreibunkundige.
 

 
 

Beispielseite aus dem Duden von 1905:

 

 

In Bielefeld und Leipzig beheimatet war Velhagen & Klasings, ebenfalls über Jahrzehnte ein renommierter und einflussreicher "Bildungs-Verlag".

Leipzig ist neben Frankfurt und Köln sowie Stattgar eine Druckermetropole, eigentlich sogar die "deutsche Buchdruck-Hauptstadt". Hier waren nicht nur Verlage ansässig, sondern auch bedeutende Druckereien und Schriftgießereien. Nicht von ungefähr lebt diese Tradition im wiederbefreiten Leipzig nach den Wende auf.

Das gleiche Werk aus dem gleichen Verlag 1925:

 

 

1908
ca. 11 x 1,5 cm
140 Seiten
Leinen

 

 

 


Die Schönheit dieses Jugendstil-Umschlages ist zeitlos und steht über jeder Kritik. Vor allem, wenn man bedenkt, dass dies ein Buch für Schulen, für Schüler ist. Wenn man dagegen hält, wie Titelseiten dieses Genres heute "modernisiert" werden, kann einen schon Wehmut überfallen.

 

Der Vorsatz (Papierdeckel des Buchblocks zum Ankleben an den Innenumschlag) als "ex libris" (Eigentumsvermerk, "aus der Bücherei" von ...)

 

 

Innentitel mit zwei Eigentumsvermerken. Bücher waren kostbar und wurden weitergegeben. Rein graphologisch handelt es sich bei beiden Frauen um hochintelligente und extrem systematisch denkende Frauen. Möglicherweise Lehrerinnen.
 

 

 

 

Eine extrem aus der Mode gekommene Tugend, die Marginalien. Sie sind durch die meist den Zusammenhang zerreißenden Fußnoten ersetzt - oft nicht zum Wohle der Lesbarkeit. Dagegen in die Nummerierung der Zeilen sowohl in Literatur wie auch Wissenschaft durchaus noch gebräuchlich.
 

 

 

 

 

 

 

Die Preise beweisen, dass es viele Verlage waren, die durch gezielte Lowbudget-Reihen Lesen und Literatur populär machten. Wenn wir also heute von Bildungsbürgertum reden, so ist dies das eigentliche "Produkt", sprich Ergebnis der gezielten Strategien vieler damaliger Verlage.

 

 
 

Diesem jedoch wird der Ursprung der Idee der extrem preiswerten Literatur zugeschrieben, weil er auch auf die bis dato übliche buchbinderische Aufmachung (heute "Hardcover" genannt, fester Umschlag) verzichtete. Dies tat bald darauf auch Rororo (Rowohlts Rotations Romane), wie der Name sagt, wurden sie nicht wie bislang üblich in Bögen, sondern auf der Rotation "billig" gedruckt und so maschinell wie möglich verarbeitet - in Großauflage, was erst den Preis möglich machte.

 
 

 

 

Schon früh verstanden es die Verlage, ihr eigenes Image aufzupolieren und "Leserbindung" zu betreiben. Vor allem heute so genannte "testemonials" oder "best practice"-Berichte wurden in dieser frühen Form den Ausgaben mitgegeben und sollten den Lesern zeigen, dass der Griff zu eben jener Ausgabe genau richtig gewesen war.

 

 

 

 

 

Die Vielfalt der Titel ließ nichts zu wünschen übrig.

 

 
 

 

Auflage 1941

Der Preis der "Billigkeit": einfachster, aber dennoch handwerklich gepflegter Maschinensatz. Kompress, um möglichst viele Zeilen unterzubringen, dennoch mit Referenzen an den klassischen Satzspiegel (Verhältnis der Seitenränder). Und wer dieses Jahr wieder keine Karte in Bayreuth bekommen hat, kann sich hier aus Wagners Feder erzählen lassen, was ihn zum Ring und zur Dämmerung der Götter trieb:
 

 

 

Ebenso hier, 1951, rationeller Satz. Übrigens hergestellt bei Apple in Wemding, heute einer der größten Akzidenz-Rotationsdruckereien Deutschlands mit Schwerpunkt auf Bücher, Zeitschriften, Zeitungsbeilagen, Werbeflyer.

 

 

 

Passend zur Freilichttheater-Saison die Klassiker als Reclam-Ausgabe im Buchautomaten. Nostalgisches Verkaufsvehikel, gesehen in Schwäbisch Hall.


 

Ein sehr früher Reclam-Band, erschienen um 1875, dem der Buchdruck anzusehen ist, und erst recht anzufühlen.

Raimund ist der berühmte Wiener Volkstheaterdichter. Der Verschwender war 1834 schon bei der Premiere ein voller Erfolg. Das Stück schließt mit dem tröstlichen Satz: "Dudeldide. Zufrieden muß man sein!". Fürwahr.