Corporate Identity 2

Was die Verwaltung heute an Publikationen rausgibt, das ist grottenschlecht - zumindest in den Foldern, die man auf den Rathausfluren frei aufpicken kann. Das ist zum Weinen erbärmlich, es ist nicht nur stil-, es ist auch vor allem würdelos. Wenn sich eine Elterninitiative für eine Krabbelgruppe so etwas leistet, weil sie ohnehin an Kinder-Chaos gewöhnt ist, mag das angehen. Für eine Stadt, die ihre Mitbürger motivieren will, ein geistige Armutserklärung, der nichts mehr hinzugefügt werden kann.

 

Das Theater- und Konzerthaus gehört nicht mehr der Stadt Solingen, jedenfalls deutet kein Logo darauf hin. Außerdem, ob Theaterkonzerte gegeben werden, ist auch fraglich.

 

"Die 10", eine Notschlafstelle für Jugendliche, im Strudel der Wirrnisse. Wenn es denn so ist, wäre der Entwurf gut. Wenn nicht ...

 

Pflege brauchen auch diese Drucksachen, die arg krank aussehen und die ganz offensichtlich ohne jegliches Bewusstsein für ein Corporate Identity entstanden sind. Selbst die Größe des Schriftzuges ergibt sich aus Zufälligkeiten, die untere einigermaßen noch als "Roter Faden" verwendbare Identitäts-Angabe mit dem senkrechten Strich gerät zur Willkür: Schreibweisen und Zeilenfall nach Belieben.

 

 

 

"Orientas" signalisiert auf dem Titel schon einmal Orientierungslosigkeit, damit man ja nicht sofort erkennen kann, um was es wirklich geht. Und dass der Bücher-Flohmarkt auch nur in Ansätzen etwas mit Buch- und damit Gestaltungskultur zu tun hätte, das kann nun wirklich keiner mehr behaupten.

Wie würde man im Szenen-Slang sagen: würg, kotz, spei, schauder.

Und weit ist optisch der Wegweiser für Mädchen nicht vom Flohmarkt entfernt. Wenn das mal keine Herabwürdigung ist, die die Gleichstellungsbeauftragte da betreibt ... ???? !!!!


 

 

Innerhalb der gesamten Site der Stadt Solingen gibt es eine dürftig wenig-informative Seite über Ness-Ziona, von einem Link oder weitergehnden Informationen ganz zu schweigen. Das ist selbst als Alibi-Seite zu wenig und wie will man damit Bürger für ein nicht ganz unkompliziertes Thema motivieren? Nein, da rotzt irgendeiner irgendwas hin, wie man im Journalisten-Jargon sagt, bloß damit da Text steht, egal welchen Inhalts und Wirkung. Und dieser gedruckte Flyer (rechts) ist von der Sorte: hingucken, aufklappen, weglegen - und das war's.

 

Mir scheint, selbst die lustige Maske schaut traurig und ich meine, zu recht.

Bei der Internet-Homepage der Stadt Solingen sind auch sämtliche CI-Farben verloren gegangen, zumindest blau-gelb ist die charakteristische Farbstimmung, die Solingen symbolisierte. Und ob die Silhouette, bereichert um die Müngstener Brücke und Lutherkirche, wirklich "typisch Solingen" geworden ist, mag dahin gestellt sein. Verglichen zum Ursprung hat sie jedenfalls an Bergischer Farb- und Lebensfreude total eingebüßt.

 

Als wenn es sich um zwei verschiedene Städte handeln würde, sehen diese beiden Folder aus. Das Terminheft und die Stadtführungen haben ja nun eine gewisse funktionale und inhaltliche Nähe, optisch-gestalterisch sind sie so weit auseinander, wie es nur geht.

Psychologisch bewertet könnte man meinen (und nicht nur meinen), die Stadt hätte kein Ich- und Selbstbewusstsein mehr. Es ist schade, dass nichtwissende oder gleichgültige laienhafte Entscheider sich dermaßen austoben dürfen. "Kommunikation ist Chefsache" heisst es längst in der Wirtschaft. Dass ein OB sich nicht um alles kümmern kann, ist klar. Dass er aber keinen Dezernenten oder Mitarbeiter hat, der sich um das Image der Stadt kümmert, ist sein Manko.

 

Herausgeber: Stadt Solingen

Druck SG akutell: Medienhaus Aufderhöhe
Druck Stadtführungen: Druckerei Plaschka (ehmals Wilh. Müller jr.)

Dabei sind Idee und Themen der Stadtführungen ungemein vielseitig und spannend. Auch Solingern sei geraten, sich für diese Möglichkeiten näher zu interessieren.
(Telefon 0212 - 62801
stadtfuehrer@solingen.de)

 

 

Auch der Inhalt von solingen-aktuell liest sich spannend, die Informationen sind nützlich, die Vielfalt ausreichend. Doch eben: wo bleibt die Identität der Stadtfarben, wo ist das Solingen-Feeling? Schlichtweg eine Fehlleistung par excellance im Sinne des CD, des Corporate Designs.

 

 

 

In die vollends andere Richtung, nämlich bunt wie auf der Kirmes, läuft dann die Infokarte Solingen, die vornehmlich für auswärtige Touristen gedacht ist. Gestaltet vom Stadtdienst Vermessung und Kataster, der lieber heißen sollte "Stadtdienst Vermessenheit und Desaster". Schuster, bleib bei Deinen Leisten!

 

 

Auf dem Niveau von Schrott und Müll angekommen sind solche hingerotzten Schreiben, aus denen die jämmerliche Hilflosigkeit schreit. Ohne jede "amtliche" Optik, ohne Design, ohne Form - und damit auch ohne jede Höflichkeit. Vielleicht sollte man nicht die, die jemanden kennen, der schreiben kann, an die Tastatur lassen, sondern die, die wirklich formulieren können.

 

 

Die Stadt, die selbst so gerne für die Qualität der typischen Produkte wirbt, hat sich selbst zur typografischen Ramscherei hinreißen lassen. Schade, bedauerlich, unnütz. Qualität hätte kaum mehr Geld gekostet, der Einsatz wäre nur Vernunft, Konsequenz und Gespür gewesen.

 

 

Aus dem Stadtplan Solingen-Haan, Gleumes & Co Landkartenverlag, ca. 1969

 

 

Die Designer, wer, wenn nicht die, habens voll "gerafft": Identity durch charakteristische Merkmale (das "Solingen-g") und die Stadtfarben. Fast hätten sie sogar die "Stadt-Schrift", die Frutiger erwischt.

 

 

Führt ein optisches Eigenleben, fernab jeglicher CI: das Amtsblatt der Stadt. Merke: nur ein bißchen Frutiger macht's auch nicht.

 

 

 

 

 

Beim Minifolder für die Landesgartenschau 2005 in Leverkusen (hier hatte Solingen ein kleines Eckchen, um sich darzustellen) zeigte man nur vermeindlich frisches Design - das aber weder konsequent auch weiterhin angewandt wurde. Woran es dem Entwurf mangelt ist nach wie vor Identität. Die Begriffe und Worte könnten jederzeit ausgetauscht werden, und nichts Solingen-Charakteristisches blieb übrig.