Druckerei

Einst waren verhältnismäßig viele Druckereien in der Klingenstadt. Ganz klar eine Folge der Besteck- und Metallindustrie, die summa summarum hunderttausende Artikel herstellte, die überwiegend als Lagerware verkauft wurden. Daher waren Prospekte und Kataloge im überreichen Maße notwendig. Zu Zeiten des Handsatzes und Buchdrucks (Techniken, die es heute nicht mehr gibt) nebst der wichtigen reprografischen Industrie hatten die Druckereien samt und sonders ein gutes Auskommen, denn sie besaßen das Privileg für solche Produktionen (kein außer Druckereien konnte drucken) und die Herstellung der Seiten war eindeutig eine Angelegenheit für Spezialisten. Alle Druckereien waren kleine oder mittelständische Betriebe, über 50 Beschäftigte waren nur selten anzutreffen.

 

So sahen Druckereien aus, als die Erfindung Gutenbergs, die bewegliche Letter, sich kommerzialisierte. Damals waren die Funktion Verlag, Büchermachen, Zeitung herausgeben, Schriftgießen, Drucken, Binden, Gestaltung und mehr oft "unter einem Dach" vereint. Erst im Laufe der industriellen Entwicklung, die in der Druckindustrie in etwa Mitte des 19. Jahrhunderts einsetze, begann auch eine Spezialisierung. Und: die Menge der produzierten Buchstaben, Bilder, Druckseiten und Exemplare nahm um Dimensionen zu: wozu früher dutzende von Personen benötigt wurden, kann heute oft von sehr wenigen erledigt werden.

 

Früher waren Schriftgießen, Satz und Druck eine organisatorische Einheit, eben "die Druckerei". Jede goss sich ihre eigenen Schriften, nach klassischen Vorlagen oder eigenen Entwürfen. Die Bleilettern waren der eigentliche Schatz einer Druckerei.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Drucken, ein Handwerk, das neben körperlicher Kraft auch höchste Konzentration und vor allem Ausdauer erfordert.

 

So hat es ungefähr ein Jahrhundert nach der Erfindung des Buchdrucks auch in Solingen ausgesehen, wenn - zunächst durch Soter an der Papiermühle - Drucksachen hergestellt wurden.

Büchereien gibt es länger als den Buchdruck. Denn handgeschriebene Dokumente, gesammelt und wie Schätze gehütet, gab es in Klöstern oder an Höfen schon seit ungefähr um 1000.

 

 

Bergische Drucker, Schwerpunkt Wuppertal

Ca. 1540, rund 100 Jahre nach der Erfindung der beweglichen, aus einer Bleilegierung gegossenen Drucklettern richtete sich der vermutlich erste Drucker des Bergischen, Johannes Soter aus Köln kommend, in Solingen eine Papiermühle und Druckerei ein. Um 1775 gab es dann im Tal und auf den Hügeln nahe der Wupper ein langsames Aufblühen der Druckindustrie; parallel und verbunden vor allem mit der Industrialisierung und einem aufblühenden Interesse an Wissenschaft, Bildung, auch erste Almache, Gazetten und dergleichen Periodika.

In Wuppertal war es vor allem Samuel Lucas /1777-1841), der am 7. 4. 1797 eine Druckerei gründete, die später zu den bedeutendsten in ganz Deutschland gehören sollte, jedoch dann Spielball kommerzieller Interessen wurde und Ende der 1990er Jahre geschlossen - gut 200jährig. Lucas gab auch Zeitungen heraus, druckte Gesangbücher, später Kalender ("Glockenkalender" in der guten, alten Form [z. B. Abreißkalender, Rückwände usw.), das Telefonbuch und vor allem große Teile des Kursbuches der Bundesbahn.

Eine 1843 in Elberfeld gegründete Buchhandlung wurde später deutschland-berühmt: Baedecker, Die Reiseführer wurden schlichtweg zum Klassiker und Standardwerk gebildeter Menschen schlechthin.

Und ein zweiter Verleger, Lehrer und Reiseprediger wurde sehr bekannt: Carl Brockhaus. Es ist nicht der (Leipziger) Brockhaus-Verlag, der Wuppertaler Brockhaus gab die "Elberfelder Bibel" heraus mit dem Ziel, die Originaltexte möglicht genau wiederzugeben.

Die erste Steindruckerei wurde 1854 von Wilhelm Wandt gegründet - und das, was heutzutage die Verleger Deutschlands als den worst case betrachten, nämlich eine tägliche kostenlose Zeitung. Also: Geschichte wiederholt sich wirklich.

Auch eine andere Revolution kam von einem Drucker aus Wuppertal, das DURA-Loseblatt-Geschäftsbuch. Briefumschlag- und Ordnerfabriken (Schmidt, Elba) sind ebenfalls in Wuppertal gegründet und beheimatet. Und eine dritte allseits bekannte Besonderheit ist Bergisch, nämlich das Selbstklebeetikett, hergestellt von Jackstädt (JAC-Etiketten), ausehend von einem 1920 in Sonnborn gegründeten Unternehmen.  

Mit der Firma Friedrich Brockhaus, 1900 gegründet, war ein in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg führender deutscher Reprobetrieb im Bergischen beheimatet, neben Conrad in Solingen-Weyer, einem Fachbetrieb, der dann von Brockhaus einverleibt wurde.

 

1972 feierte die Druckerei Hermann Ullrich 75jähriges Jubiläum. Heute ist sie durch den U-Form-Verlag in ganz Deutschland bekannt; der Verlag gibt Unterlagen für die Berufsausbildung und Prüfungen heraus.

Die im übrigen handgeschriebene, reprografierte Broschüre gibt die Erinnerungen eines Mitarbeiters wieder, der sehr plastisch aus dem alten Solingen erzählt.

 

"1897-1972
75 Jahre Druckerei
Herm. Ullrich, Solingen"

Zeichnungen Ludwig Füllbeck

Die gesamte Druckindustrie war bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts eher ein Handwerk; nur große Zeitungs- und Zeitschriften- oder Bücherverlage waren bereits industriell organisiert. Die meisten Druckereien waren einst Werkstätten und höchst bescheiden eingerichtet. Der Autor und Zeichner Ludwig Füllbeck hat 1946 aus der Erinnerung phantastische Details gezeichnet:

Der Setzkasten links mit der Petroleumslampe; das Stehsatzregal in der Mitte; der typische "Bollerofen", mit dem die Werkstatt geheizt wurde.

 

Rechts unten das Papierregal und die zur Korrektur ausgelegten Andruckbogen. An der rechten Wandseite die klene Boston-Presse, daneben die Papierschneidemaschine. Und als "Krönung" die Druckmaschine mit Handanlage. In der Ecke links oben ein paar Waschutensilien. Eins jedoch hat er leider vergessen: den Spucknapf. Denn ohne den konnte kein priemender Setzer arbeiten!

Auch zu Zeiten, da Elektrizität und Elektromotoren noch nicht bekannt bzw. erfunden waren, wurde gedruckt, auch auf "Schnellpressen". Der Antrieb erfolgte per Muskelkraft. Die "Druckerknechte" hatten die Maschine in Schwung zu bringen. Der "Anleger" sorgte für das rechtwinkelige Einlegen des Bogens in einen Greifer. Per Fuß wurde der Druckvorgang ausgelöst.

Ein Boston-Tiegel (1858 erfunden), der als Handtiegel vor allem für den Druck von Geschäftspapieren benutzt wurde. Oben der Farbteller mit der Auftragswalze, die die senkrecht stehende Druckform (nicht zu sehen, dem jungen Drucker zugewandt) einfärbte. Das Papier wurde auf eine flache Eisenform mit Papierbezug gelegt und dann gegen die hochstehenden Buchstaben der Druckform gedrückt - eben mit dem händisch zu bedienenden Kniehebel. Alles in allem eine ausgesprochene Knochenarbeit.  

 

Was nicht alles gedruckt wurde in Solingen: unter anderem das Genre, das man heute Phantasy nennt und früher Märchenbuch hieß.

"Allianz" Druck und Verlag, Solingen-Wald
S-14 NRW / 7D3/0195 AAK 58 (Drucknorm der Besatzer nach dem 2. Weltkrieg)
Auslieferung: Hans Weck, Köln

 

Im Dritten Reich waren die Betriebe zur so genannten Zwangsinnung zusammengeschlossen. Hier an einem der damals traditionellen Umzüge am Johannistag (24. Juni) in Solingen; zur Erinnerung an Johannes Gutenberg.

 

1924: einige der größten Druckereien des Bergischen Landes:

 

 

Hier wurden Telefonbücher, das Kursbuch der Bahn und vor allem Kalender hergestellt (Glockenkalender); einst auf diesem Gebiet eines der bedeutendsten Unternehmen in Deutschland hat die Sam. Lucas GmbH ein wechselvolle Geschichte erlebt. Sie wurde Ende der 60er Jahre an den amerikanischen Gemischt-Konzern ITT verkauft. Noch bis um 1980 und später druckte man hier massenhaft Kalender (Tagesabreiß-, Tisch-, Umlege-, Wand-Kalender usw.), das Kursbuch, investierte in damals hypermodernen Fotosatz, stieg in die Datenkonvertierung ein. Schließlich wurde das Unternehmen, zu klein, um in einem Konzern wirklich Bestand zu haben, Spielball einer finanziellen Jongliererei, aufgelöst und in Einzelteilen verkauft. Das Positivste in seiner fast 200jährigen Geschichte: es hat auch mich als Mitarbeiter überlebt. Aber nur kurz.

 

 

Solinger Tageblatt, der bei Ziegler erscheinende Remscheider Generalanzeiger und der Wuppertaler Generalanzeiger (WZ) bilden heute eine Produktions- und Verlagsgemeinschaft bei Redaktion und Anzeigenvertrieb sowie der Produktion (Druck) der Zeitung (das ST wird beim WZ in Wuppertal gedruckt).

 

 

 
 

 

 

Früher galt die ganz normale Tageszeitung, lange noch im Hochdruckverfahren gedruckt, als "reitender Bote", eben der durchs Dorf ziehende Kundschafter. Bei besonderen Ereignissen wurden Sonderausgaben gedruckt. Heute sind die Blätter trotz intensiven Einsatzes digitaler Techniken gegenüber anderen Möglichkeiten und Medien sehr träge geworden. Doch der Digitaldruck, eine interessante Möglichkeit, "on demand" = nach Bedarf zu drucken zeigt, dass man auch im konservativen Bereich der Zeitungen umdenken könnte oder sogar müsste. Die FAZ, primus inter pares, am 20. April 2005 mit einem blamablem Rückstand auf die Realität,

 

Die Solinger Medien schafften es blitzschnell, den Bezug Solingens zum neuen Papst herzustellen: In der Zeit, da er in Bonn beruflich aktiv war, hat er auch Solingen besucht. Ob das die Kardinäle des Konklave bewogen hat, ihn zu wählen, bleibt auf ewig ungeklärt, da ja keiner darüber reden darf.

Weißer Rauch: "Habemus papam", "Wir haben einen neuen Papst."

 

Ratzinger ging bei Kölns Kardinal Frings in die Lehre

Beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) fungierte er als theologischer Berater des Kölner Kardinals Josef Frings. Dann lehrte er in Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg. 1977 berief ihn Papst Paul VI. als Nachfolger von Kardinal Julius Döpfner zum Erzbischof von München und Freising. Wenige Wochen später erhielt er in Rom den Kardinalspurpur. 1981 betraute ihn Papst Johannes Paul II. mit der Leitung der Glaubenskongregation.

 

"Deutschland ist das Silicon Valley der Drucktechnik", sagte mir einmal ein Amerikaner, durchaus wohlwollend-anerkenned. Nun, für einen US-Amerkaner ein hübsche sagt, weil sein Bewusstsein rein geschichtlich kaum weiter in der Geschichte zurückgeht denn in jüngst verflossene Jahre. Doch bei näherer Betrachtung war die digitale Revolution, symbolisiert durch das Tal der vielen Softwareschmieden, die eigentliche Gutenberg-II-Erfindung: Setzen und Drucken wurde digital neu- und wieder-erfunden. Doch bei de Weltausstellung 1967 in Montreal ahnte davon noch keiner etwas.

 

Ein jeder mag sich sein eigenes Gutenberg-Bild machen. Es gibt keine historischen, verbürgten Abbildungen des Johann Gensfleisch. Also hat man ihn später in der Phantasie oft und vielfach frei erfunden, freilich unter Einbeziehung der Kleidungs-Attribute, wie man sie zur jeweiligen Epoche zu kennen glaubte. Eins aber ist dem Mann der Schriftgießerei metapherhaft zu eigen geworden, der wallende Bart. Aber schließlich ist es auch piepschnurzegal, wie er ausgesehen hat, seine Leistung war ohnehin "nur" ein Anstoß zu weiteren Taten und vor allem zur Vermarktung. Gutenberg machte es auch heutigen Druckern vor, wie reich man mit der Kunst werden kann: er musste nämlich alsbald Konkurs anmelden. Erst zwei Sanierer, wie man heute sagen würde, Fust und Schöffer, haben die Technik richtig vermarktet und damit Geld verdient. Gutenberg war der Erfindertyp, so wie auch heute (und vor allem in diesem Gewerbe) hundert, ja sogar tausende immer wieder tolle und neue Erfindungen machen, aber nur die wenigsten davon jemals von Bedeutung sind. Wenn, dann aber auch kleine bis große Revolutionen auslösen, so wie in jüngster Zeit Desktop Publishing von Paul Brainard (auf Apple-Basis), der Digitaldruck ausgehend von der Xerox-Technologie plus vielen Erfindungen in deren Laboren und dann die Vereinheitlichung von Druckdatenformaten, allen voran PDF von Adobe. Aber auch von diesen neuen und modernen Erfindern weiß man wenig, kaum sind Bilder davon im Umlauf. Deshalb seien sie hier dem "Mann des Jahrtausends", so titulierten und kürten ihn US-Amerikaner, Johann Gensfleisch zur Laden, genannt Gutenberg, zur Seite gestellt.


Aldus Manutius, 1449 in Italien geboren, war ein Schüler Gutenbergs. Er, Manutius, kehrt nach Italien zurück und verbreitete dort das Drucken. Seine Leistung war, die damals schon als klassisch geltenden griechischen und römischen in vom Volk kaufbaren "Taschenbüchern" herauszubrigen, Werke also zu "popularisieren". Und so hat es eine logische Verbindung zur Tatsache, dass Paul Brainard seine Firma Aldus nannte, denn dieses Unternehmen brachte mit dem PageMaker das erste DTP-Umbruchprogramm auf den Markt, das in Folge die gesamte grafische Industrie grundlegend und epoachal revolutionierte (1986). Der PageMaker war das Ende der Ära Gutenbergs und der Eintritt in die digitale grafische Produktionstechnologie auf breiter, "volksnaher" Basis.