Ohligs 3

Ohligser zu sein, heißt, felsenfest der Überzeugung anzugehören, der liebe Gott persönlich hätte den Mittelpunkt der Welt hierhin verlegt. Das verrückte ist nur: Das kann man mit Fug und Recht tun, denn Ohligs ist einer jener beneidenswerten Städtchen, die sich selbst genügen.

 

In Ohligs ist nicht nur immer alles eitel Sonnenschein, es gab weniger erfreuliche erfreuliche Zeiten:
Ohligs Städt. Krankenhaus (Augusta Victoriastiftung);
später: Virchow-Klinik, dann Elisabeth-Roock-Altenheim

Auf Wiedersehn! Besten Gruß und Kuß dein lieber Ludwig
Küß mir mein süßes Lottylein!

Absender: L. Hiemer Reserv(e) Lazarett "Ohligs" Baracke 8
Feldpost
Ohligs, den 19. Okt 1915      [also mitten im I. Weltkrieg]

Liebste Frau!

Hier kannst du dir vorstellen, wo ich gegenwärtig lebe. In diesem Krankenhaus im hinteren Teil des Gartens in einer sauberen Baracke liege ich.

 

Ein Vergnügen war es dagegen, im alten Engelsberger Hof zu "lustweilen" - im Restaurant, im Parkt, an den Fontänen und Teichen. Ein Fun-Park im Stil der vorletzten Jahrhundertwende.

 

 

In der heutigen disziplinlosen Zeit ist die Diskussion um die "Kopfnoten" immer wieder ein (aggressiv vorgetragener) Grund, für und wider solche Beurteilungen zu streiten. Aber was ist daran so schlecht? Wenn man einem Schüler bescheinigt, dass er ein Flegel ist? Denn Gesellschaft, Gemeinschaft kommt nicht ohne Regeln aus. Und wenn nicht auf der Schule, wo sollen die Heranwachsenden dies (spätestens) lernen?

Aber nach heutigem Verständnis sind ja sowieso Zeugnisse überflüssig, weil jeder alles kann, was nicht benötigt wird und mancher nicht mehr lernen will, was sinnvoll ist. In dieser Zeit, aus der das Zeugnis stammt, war Lernen jedenfalls noch moralisch eine Pflicht und außerdem, ohne Pathos, durchaus auch eine Ehre. Weil Lernen hieß, sein Leben besser einrichten zu können. Dass dann doch ein Krieg wieder alle Hoffnung zunichte mache, ist die Tragik der bürgerlichen Ideale, die sich nach Frieden und Ruhe sehnen.

 

Ohligs hat noch heute viele traditionelle, sprich "alt eingesessene" Geschäfte. Eines davon, eine Ohligser Institution, ist der Lage von Hugo Jahn, der vier Generationen im Familienbesitz war. 1986 eröffnete Hugo Jahr ein "Zigarren-Import- und Versandgeschäft", gegenüber dem Bahnhof. 1979 zog der Laden auf die Düsseldorfer Straße um. Wichtige Einnahmequelle war seinerzeit auch die Lotteriegeschäft. Kurios die Verdopplung der historischen Wurzel: Wer einziges Geschäft war, muss ja zwangsläufig auch der erste sein ... :-)

 

 

 

 

 

 

 

Repro: Tom Brenger

 

 

Es lohnt, genauer hinzuschauen auf die liebevoll gezeichnete Straßenszene: überquellende Schaufenster, Menschen "in Tracht", sprich damaliger Mode auf der Straße, das Unikum von (viel zu klein gezeichneter) offener Straßenbahn, der Handwerker (Mütze, Schürze, vielleicht in Schuster?), der sich mit dem "feinen Herr" (mit Zylinder) unterhält. Vielleicht: "Sie haben die letzten Schuhe noch nicht bezahlt!"?. Derweil trippelt der schwarze Spitz in Pferdetrab vornehm einher ...

 


Inhaber Heinrich Fey
Düsseldorfer Straße 68

 

 

Verlag Rich. Kurzina, W.-Elberfeld

 

 

Die Fünfziger Jahre - Bescheidenheit war angesagt. Die Theke ist für die damalige Zeit exemplarisch: der Zapfhahn im modellierten Bierfass, darauf eine einsame Blume, ein paar Gläser im Schrank, in der kleinen Kühlvitrine ein paar Bratwürste, Soleier, etwas Schokolade, vielleicht Frikadellen; überall Nippesfiguren, die Preisliste an der Wand (Bratwurst 60 Pfennige), die urgemütliche Wohnzimmer-Uhr, ein paar Reklameschilder (OP für Ohligser Pilsner und das amerikanisch-verwegene Coca-Cola), einsame Tulpen in der kleinen Tischvase, exakt gestellte Stühle.

 

 

Blümchentapeten, ein paar Blumen im Schaufenster, Haken an der Wand für die Garderobe, spärliches Licht, irgendein "Schinken" (großes Bild) an der Wand, ordentlich gebügelte Tischdecken, Maggi auf dem Tisch (oder Fondor) samt Salz und Pfeffer, die unvermeidlichen Aschenbecher (es durfte ordentlich gequalmt werden), Holzvertäfelung ...
... Sie erinnern sich .... ???? !!!!