Das nahe und weite Deutschland

Vor einhundert Jahren sah die politische Landkarte anders aus als heute  und in der Zeit danach kam es mehrere Male zu radikalen Veränderungen der Grenzen: Die Gebietsannektionen im Dritten Reich, die Aufteilung Ex-Großdeutschlands erst in Besatzungszonen, dann zwei Staaten, "kleinere" Korrekturen wie Ein- und Ausgliederung von Sprach- oder Wirtschaftsgebieten (u. a. Saarland) und dann natürlich die Vereinigung 1990.

 

Frankfurt

Da konnte man noch im Main schwimmen! Solche Badeanstalten in Flüssen waren früher selbstverständlich. Es gibt sie noch unter anderem in Zürich und Paris.

 

 

Frankfurter Lichtdruckanstalt
Frankfurt a. M.

Zur Orientierung: am gegenüberliegenden Ufer der heutige Schaumainkai, also die südliche Seite.

Poststempel: 24. April 1908

 

Glottertal

Kaum zu glauben, aber wahr: als noch niemand ans Fernsehen und schon gar keiner an die Schwarzwaldklinik dachte, fuhren die Solinger bereits ins Glottertal (dem Drehort der Soap-Opera).

Das zeigt wieder einmal, wie sehr die Solinger ihrer Zeit voraus sind. Basta.

 

Verlag v. Wilh. Böttcher, Straßburg i. E.

Poststempel: Hinterglotterthal,
vermutlich 1908

 

 

 

 

 

 

 

Dass wir als Zuschauer schon immer belogen wurden, zeigt diese extreme Ausschnitts-Vergrößerung. Meinen wir doch von der Operette her zu kennen, dass die Schwarzwaldmädels mit Bommeln auf dem Kopf rumlaufen: Nix! Die Buben sind's, die komische Hüte tragen. Im Schulalltag. Die Mädel tragen Schurz - und Vater sitzt wieder mal im Hirschen und trinkt Kirschwasser.

Ulm

Auch hier sind wieder die Badeanstalten zu erkennen. Gute alte Zeit - oder: die Menschen waren eben ans Schwimmen in Salmonellen und Scheißeresten gewöhnt.

 

Original-Eigentum: Gebr. Metz, Tübingen, 1904

Poststempel: 25. Februar 1909

 

Rochlitz

Ein Dorf wie viele hunderttausend zur damaligen Zeit. Ein wenig Industrie, viel Armut und überall Landwirtschaft.

 

Verlag: J. Hujer, Rochlitz, 1913

Poststempel: 28. September 1918

 

Mährisch Trübau

Geradezu das prototypische Bild einer Stadt in den zentralen Ländern und Landschaften Europas: der große Markt (mit Brunnen und/oder Denkmal), die Kaufmanns-Häuser, Schänken und Läden, Stadttore, eine oder mehrere zentrale Kirchen.

 

Verlag: Em. Hinkelmann, Mähr. Trübau, 1909

Mähren ist ein früher deutsches Gebiet im heutigen Nordteil der Tschechei.

Münster i. Westf.

Ein kleines Städtchen auf dem platten Land, nicht wahr?

 

Trinks & Co, G. m. b. H.,
Leipzig-St.

Poststempel: 20. September 1918

"Feldpost
An Robert Hartig
Mein liebes Cosieneken!
die herzl. Sonntagsgrüße sendet dir dein Vetter Heini
Habe leider heute den ganzen Tag Wache ..."

 

 

Titisee

Was heute die Touristen, waren früher die Kühe: sie bringen Leben in die Landschaft.

Damals hätte man die Baugrundstücke kaufen müssen ... !

 

H. Franz - Sohn, Titisee

Poststempel: 22. März 1913

 

Chemnitz

Man beachte die Größe der Straßenbahnen: Privat-Coupees, aber immerhin mit elektrischem Antrieb.

 

Poststempel: 21. Juni 1907

 

Wyk / Föhr

Vogelkoje ????
Denkt man doch, die da an der Waterkant wären Fischer !?
Vögel fangen doch nur die Italiener? Von wegen? Allein in Solingen wurden noch bis Anfang des voriges Jahrhunderts jährlich mehrere 10.000 Vögel gefangen! Dies war in ganz Deutschland völlig selbstverständlich. Ein fester Bestandteil des Speiseplans.

Amsel-McFlatter, Taubenburger, Möve im Mantel, Meisenknödel ...

 

Verlag: W. Lind, Phot., Wyk No. 10

Postkarte ungelaufen

 

Rothenburg o.d. Tauber

Manchmal ist es doch gut, wenn sich die Dinge nicht ändern. Diesen Blick hatte man vor 400 Jahren, vor 40 Jahren und wird ihn hoffentlich auch noch in 40 oder sogar in fernen 400 Jahren haben. Wer weiß.

 

 

Hamburg

Wenn man mal hier ans Tor der Welt kam, dann ging man zu den St.-Pauli-Landungsbrücken. Wo die anderen Sachen waren in St. Pauli, das wusste man ja gar nicht und kannte es nur vom Film. Selbst hatte man das nie gesehen. Das einzige dunkle Gebäude, das man betrat, war der Fahrstuhl zum Elbtunnnel, aber auch nur, weil er wie ein  Kirchentempel aussieht.