Falls Sie beim Wandern Hunger bekommen: am Schluss der Seite finden Sie ein Rezept.



Wandern

Wäre Wandern wirklich nur des Müllers Lust, alle Solinger, ach was, alle Bergischen hießen Müller. Solingen ist trotz oder wegen der Wupperberge eine Wanderstadt. Der örtliche Alpenverein ist mitgliederstark, kaum kann man sich in irgendwelchen alpinen Tälern oder auf Almen verstecken, dass nicht ein Solinger dahergekraxelt käme. Und wenn es Vatertag, Pfingsten oder ganz einfach mal ein Sonnensonntag ist, dann ziehen sie nach wie vor hinaus in Feld, Wald und Flur.
 

 

Dass die Bergischen immer ihren eigenen Weg gehen, ist bekannt. Wie weit sie gehen, weniger. Also ist es nur logisch, wenn der Sauerländische Gebirgsverein sie quer durchs Nieder- und Kernbergische Wandern lässt.
Rechnen wir mal nach:erste Stunde mit drei km Wandern, die zweite mit zwei, in der dritten einenn, dann einkehren, übernachten, ein Tag Pause; erste Stunde drei ... na ja, rund zwei Monate eben. Es ist groß, das Bergische Land.

Schild am Bahnhof Solingen-Schaberg und Baummarkierung in der Ohligser Heide; Fotos: hgw

 

Verlegt bei Sam. Lucas GmbH, zuletzt am Deutschen Ring in Wuppertal, zu der Druckzeit 1948 noch in der Morianstraße in Elberfeld ansässig. Ich hatte die Ehre, nach dem Ingenieurstudium dort tätig sein zu dürfen und dementiere daher nachdrücklich, dass die Druckerei wegen mir nicht mehr existiert. Vor allem wusste ich in meinem Geburtsjahr ja noch nicht, was die da so alles drucken ...

 

Da versteht auch der Heutige, warum es dereinst zu Recht Ohligser Heide hieß. Von diesem Idyll ist kaum noch etwas übrig geblieben. Aber einst zogen hier die Hunnen übers Land, grüßten freundlich die Germanen, sangen mit den Römern und sendeten Grüße an die Gallier, die mit den Wikingern die Wupper besegelten und die Franken besuchen wollten. Ach, schön wars hier ....

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

aus: "Meine Heimat" illustrierte Zeitschrift, 1934

 

 

Gewitterstimmung in der Ohligser Heide

 

 

Und wem bei all dieser Beschreibung nun nach Wandern zu Mute ist, der darf den Klingenpfad erwählen, jenen heute 75 km langen Ring um Solingen, von dem hier die seinerzeit existenten 58 km beschrieben werden.

 

Also mal ehrlich: da ist ja das Lesen einer Flug-Navigationskarten noch vergleichsweise total easy.

 

Und damit Sie sich nicht verlaufen, mit einem Klick auf diese Karte erhalten Sie in einem separaten Fenster eine mächtige Vergrößerung, die Sie im Browserfenster scrollen müssen (Ladezeiten möglich).
Stand: 1948

 

 

Und wenn es dann mal "hinaus ins Land" gehen soll ...

Stand: 1947, freigegeben durch die britische Militärverwaltung

 

 

Über das Bergische Land gibt es zahlreiche Wanderführer und auch schon zu früheren Zeiten hat man den Menschen mit dem eilenden Fuß den Weg zu weisen gewusst. Dieses kleine Büchlein führt kreuz und quer vom Nieder- bis zum Oberbergischen, bezieht Düsseldorf und Köln ein und macht das, was alle Wanderführer tun: keine Strecke unter 5 Stunden auflisten, hat man den Eindruck. Wie es scheint, macht Wandern nur Spaß, wenn es in Arbeit ausartet. Das braucht der Bergische, oder vielleicht ist auch nur das Wetter schuld: bei so viel Regen muss man sich erst Warmlaufen und wenn man mal läuft, kühlt einen der Regen ab, so dass man gut durchhält.

 

 

 

Stollfuß-Führer Band 4
Bergisch Land
6. Auflage 1939
Wilh. Stollfuß - Bonn
Westdt. Führer- und Wanderkarten-Verlag

 

Diesem Büchlein entstammen auch die nachfolgenden Abbildungen bzw. Insertionen.

Oder man wandert so lange, weil dann die Einkehr um so schöner ist:

 

 

Für die Nichtalkoholiker gibt es auch eine Erfrischung:

 

 

"Wenn Du den Kölner fragst, was er von dieser Umgebung kennt, sagt er mit 95 Prozent Wahrscheinlichkeit : Wipperaue. Der Düsseldorfer, wenn er sich zu einer Expedition Richtung Solingen aufrafft, erzählt am nächsten Abend vielleicht seinen Brüdern vom Stammtisch, er sei bis zum Engelsberger Hof vorgestoßen. Und was so ein richtiger Wuppertaler ist, der biegt bei Kohlfurth links ab zu Müngstener Brücke, die Wupper entlang, die zwischen Remscheid und Solingen fließt.

Wir sagen damit nichts gegen die Wipperaue, Kohlfurt und Wupper oder den Engelsberge rHof, wir werden uns hüten! Wir sagen ja nur, daß es den Anschein hat, als ob die ,Ausländer' in den eigentlichen Solinger Höhen so etwas wie die Achtkilometerberge des Himalaja sehen, um die man am besten gerumgeht, sie rechts oder links liegen zu lassen. Wenn die Leute wüßten!

Wen Gott nach Solingen verschlug, dem hat er seine Gunst vollauf bewiesen. Und wer einmal auf dem Klippenberg gestanden und ins Land heingesehen hat, sagt bei der nächsten Freizei wieder:
   Auf nach Solingen!"

 

(Blick vom Bilstein)

 

Eine der wirklichen Vorteile der Stadt ist ihre Lage an wichtigen Verkehrsverbindungen. Nach Köln, Düsseldorf, ins Ruhrgebiet, aber auch ins "tiefe Bergische" ist es gleichmaßen nicht sehr weit, wichtige Autobahnen und eine passable Bahnverbindung tangieren die Stadt, es gibt 4 Verkehrsflughäfen in weniger als 1 Stunde zu ereichen, und trotzdem ist die Stadt Solingen grün. Sie gehört im Verhältnis Fläche zu Bevölkerung zu den großzügig dimensionierten in Deutschland und deshalb bleibt Platz für die Natur. Die im übrigen, ohne Übertreibung, den meisten Bürgern sehr wichtig ist.

 

 

In den 60er Jahren kam das "Autowandern" in Mode. Kaum konnte sich auch "der kleine Mann" ein Auto leisten, wurde dies für die Erkundigung der Heimat ebenso benutzt wie für die legendären Karawanen ins Land, wo die Zitronen blühen (sprich Italien). "Mal eben ins Bergische fahren" war für die Solinger der 60er Jahre ein ganz neues, irres Lebensgefühl. Die Alten erzählten dabei von Ihrer Jugendzeit, in der sie je nach politischer Einstellung oder Geburtsjahrgang mit den Naturfreunden oder der HJ ins Grüne gezogen waren. Und nun mal eben in gut einer Stunde an der Bever, der Agger, mal schnell zum Baldeneysee oder nach Königswinter, das war schon toll. Die meisten begannen jedoch nicht mit so flotten Schlitten wie auf diesem Titel, sondern eher im "Brezel-Käfer" (den es allerdings in den 60er nun auch kaum noch als Oldie gab).

 

Michael Triltsch Verlag, Düsseldorf
1966

Früher mehr als heute konnte man in der Tat "von Kotten zu Kotten laufen", eine regelrechte Kottenralley.

Wäre Zeit, dass so etwas mal jemand ins Leben riefe, gewissermaßen als Alternative zum Klingenpfad: die Kottentour.

Als Belohnung: eine Kottenbutter. Für Auswärtige hier das Rezept:

Eine Scheibe kräftiges Schwarzbrot ungesund dick mit Butter bestreichen, darauf zentimeterdick geschnittene geräucherte Mettwurst (in Solingen auch Bratwurst genannt; es gibt auch eine Variante, die "Kottenwurst" heißt) legen, diese kräftig mit Mostard (Senf) bestreichen, darauf reichlich rohe Zwiebelringe. Als Variante: an Stelle der Mettwurst Blutwurst, auch diese bloss nicht zu dünn schneiden (Anklang an Kölner Küche).
Dazu gehört erstens ein klarer Korn, und zwar vorher und nachher einer und ein kräftiges Bier, am besten aus der Bügelflasche, Altbier aus Düsseldorf ist auch nicht schlecht dazu. Wer von den Kottenbuttern mehr als zwei essen will (samt Flüssigen), sollte bereits die oben erwähnten mindestens 5 Stunden Wanderung hinter sich haben.